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Lunch & Learn zum Thema „Teilzeitberufsausbildung: Chancen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie“

Beim 14. Lunch & Learn der Vernetzungsstelle MY TURN stand das Thema "Teilzeitberufsausbildung (TZBA)" im Fokus. Anja Stahl von der G.I.B. – Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH erläuterte die Grundlagen und Umsetzungsmöglichkeiten der TZBA. Sie betonte die Flexibilität dieses Ausbildungsmodells, das es den Auszubildenden ermöglicht, ihre Berufsausbildung den individuellen Lebensumständen anzupassen. Dabei ging sie auch auf verschiedene Umsetzungsformen ein, wie z.B. die Kombination von betrieblicher Ausbildung mit schulischen oder digitalen Lernphasen.

Die Teilzeitberufsausbildung im Detail

Die Teilzeitberufsausbildung ist eine im Berufsbildungsgesetz (§ 7a BBiG) verankerte vollwertige Berufsausbildung mit regulärem Abschluss. Dieses Modell ermöglicht es, die tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit im Betrieb um bis zu 50 Prozent zu verkürzen. Abhängig vom Umfang der Reduzierung kann sich die Gesamtausbildungszeit verlängern. Die Ausbildungszeit kann jedoch maximal um das Eineinhalbfache der regulären Ausbildungszeit verlängert werden. Seit der Gesetzesänderung im Jahr 2020 steht die Teilzeitberufsausbildung nicht mehr nur bestimmten Personengruppen wie jungen Eltern oder pflegenden Angehörigen offen, sondern allen Interessierten. Dies stellt eine deutliche Ausweitung der Zielgruppe dar und bietet nun noch mehr Menschen die Möglichkeit, ihre Ausbildung flexibel zu gestalten.

Vielseitige Vorteile der Teilzeitberufsausbildung

Die Vorteile der TZBA sind vielfältig und umfassen zahlreiche Aspekte der beruflichen und persönlichen Entwicklung. Sie ermöglicht eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, da die Auszubildenden ihre Arbeitszeiten flexibel an ihre familiären Verpflichtungen anpassen können. Auch der Spracherwerb parallel zur Ausbildung wird durch die TZBA ermöglicht. Darüber hinaus wird durch die TZBA der Zugang zur Ausbildung auch bei körperlichen oder psychischen Einschränkungen erleichtert. Indem die TZBA-Auszubildenden ermöglicht, ihre Ausbildung auf ihre persönlichen Herausforderungen abzustimmen, kann Ausbildungsabbrüchen entgegengewirkt und ein erfolgreicher Abschluss gefördert werden. Schließlich profitieren auch die Betriebe von der TZBA, da sie motivierten Fachkräftenachwuchs gewinnen können, der aufgrund der flexiblen Ausbildungszeiten die Ausbildung erfolgreich meistert. Außerdem können Unternehmen mit diesem Modell ihr Image als attraktive Arbeitgebende verbessern und die Vielfalt ihrer Mitarbeiter*innen fördern.

Praxisnahe Einblicke und Handlungsempfehlungen: Von Akquise-Strategien, der Sensibilisierung der Betriebe und dem Umgang mit Vorurteilen

Daniela Barfuß von RE/init e.V. brachte wertvolle Praxiserfahrungen aus dem MY TURN-Projekt IT’S MY WAY ein. Sie erläuterte Herausforderungen und Strategien, um Betriebe für die TZBA zu gewinnen und für das Ausbildungsmodell zu sensibilisieren. Dabei betonte sie die Bedeutung von Vorgesprächen und betrieblichen Erprobungen für den erfolgreichen Verlauf einer TZBA.

Frau Barfuß hob hervor, dass es entscheidend sei, Betriebe proaktiv anzusprechen und aktiv für die Teilzeitberufsausbildung zu werben. Beratungsgespräche im Vorfeld sind unerlässlich, um Betriebe und zukünftige Auszubildende umfassend zu informieren und Bedenken auszuräumen. Gleichzeitig müssen die Voraussetzungen und die Umsetzung in die betrieblichen Abläufe transparent kommuniziert werden. Darüber hinaus ist es wichtig, Betriebe für die Vorteile der TZBA zu sensibilisieren und erfolgreiche Beispiele aus der Praxis vorzustellen. Häufig bestehen Vorurteile gegenüber der TZBA, insbesondere hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Teilzeitauszubildenden. Intensive Informationsgespräche und Praxisbeispiele helfen, diese Vorurteile abzubauen. Betriebliche Erprobungen im Vorfeld sind laut Frau Barfuß sehr förderlich, da sie beiden Seiten die Möglichkeit geben, sich kennen zu lernen und Vertrauen aufzubauen. Diese Erprobungen können zu erfolgreichen Ausbildungsabschlüssen führen.

Eine zentrale Herausforderung ist oft die Organisation der Kinderbetreuung. Unterstützung bei der Organisation von längeren Betreuungszeiten in Kindertagesstätten und Schulen ist daher häufig notwendig. Darüber hinaus sollte die Anpassung der Zeiten der beruflichen Ausbildung an die Zeiten der Kinderbetreuung berücksichtigt werden.

Flexible Anpassungen und individuelle Lösungen

In der Diskussion während des Lunch & Learn interessierten sich die MY TURN-Kolleg*innen besonders dafür, wie eventuell auch die Berufsschulzeiten flexibel angepasst werden könnten, um die Vereinbarkeit von Ausbildung und Kinderbetreuung zu verbessern. Sie fragten nach Unterstützungsmöglichkeiten für Auszubildende bei der Kinderbetreuung und wie Betriebe für eine Teilzeitberufsausbildung gewonnen werden können. Auch konkrete Erfolgsbeispiele und praktische Tipps für die Umsetzung von TZBA in den Betrieben waren gefragt. Es wurde betont, dass individuelle Lösungen wie z.B. verkürzte Unterrichtszeiten, längere Betreuungszeiten in Kindertagesstätten und Plätze in offenen Ganztagsschulen sowie eine proaktive Ansprache und intensive Informationsarbeit entscheidend für den Erfolg der TZBA sind. Dies erfordert jedoch viele individuelle Abstimmungen zwischen allen Beteiligten.

Insgesamt ist die Teilzeitberufsausbildung ein Beispiel dafür, wie durch flexible Ausbildungsmodelle individuelle Lebensumstände bei gleichzeitigem Erwerb beruflicher Qualifikationen berücksichtigt werden können. Die Bedeutung und die Potenziale dieser Ausbildungsform für die Zukunft des Arbeitsmarktes werden durch die positive Resonanz und die Praxisbeispiele beim Lunch & Learn deutlich.

 

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